Ein Festivalkonzert als Gemeinschaftsveranstaltung in der Kirche St. Kornelius und Cyprian in Kirrlach gewährte den Zuhörern einen tiefen Einblick in die Chorkultur Lettlands. Ermöglicht wurde es im Rahmen des 6. Internationalen Chorfestes Baden, an dem sich Chöre aus vier Kontinenten beteiligen.

Foto: Peter Schmitteckert

Gastgeber war der „Männerchor Kirrlach“, ein Zusammenschluss der beiden Männerchöre „Frohsinn“ und „Liederkranz“. Eine jahrzehntelange kreative Rivalität führte schließlich zu einem segensreichen Miteinander unter der Ägide der Musik, was diesmal durch die Interpretation von Chorwerken von Schubert bis Dawson unter der sicheren Leitung von Richard Trares wiederholt belegt und bekundet wurde. Ließ schon zu Beginn eine mächtige Lobeshymne an den Herrscher der Welt erstaunen, so zeigte sich der Chor vor allem in der Darbietung von Kompositionen mit geschlossenem homophonem Klang von seiner besten Seite und steigerte sich bis zum „Soon a will be done“, einer Darstellung der Todessehnsucht im Lichte heiterer Beschwingtheit, wie man sie eigentlich nur in Spirituals antrifft.

Foto: Peter Schmitteckert

Der gemischte Chor „Koris Austrums“ aus Riga in anmutig-dekorativer Landestracht begeisterte dank eines feinen, ungetrübten und ausgewogenen Chorklangs mit einer Auswahl vorwiegend folkloristischer Kompositionen, von denen die meisten aus der Feder ihres Leiters Arijis Skepasts stammen. Er führte die Sängerinnen und Sänger mit sehr sparsamer, aber äußerst suggestiver Gestik. Einen besonders starken Eindruck hinterließ das „Vater unser“ in der Landessprache, eine Komposition, die wegen der innigen Bitte nach Befreiung in der Zeit kurz vor der Wende in diesem Land, wo der Chorgesang gegenüber Deutschland einen ungleich höheren Stellenwert einnimmt, eine besondere politische Note hatte und in den Gesangsstadien des Landes regelrecht zelebriert wurde. Die interessanten, teilweise rhythmisch vertrackten Volksliedmelodien waren eingebettet in unterschiedlich gewobene Klangteppiche und eröffneten dem Hörer neue, bisher eher unbekannte Klangwelten. Erstaunlich, wozu die menschliche Stimme fähig ist: Man vernahm beispielsweise Wassertropfen, Umgebungsgeräusche, galoppierende Pferde usw. Maultrommelartige Liegetöne mit wechselnden Obertonfarben zauberten eine geradezu sphärische Wirkung. Am Ende war man sich bewusst, einem der profiliertesten Chöre unserer Zeit gelauscht zu haben und dankte es stehend durch ausgiebigen Beifall, dem eine lauschig-anheimelnde Zugabe folgte.

Herbert Menrath

Im Anschluss an das Konzert waren beide Chöre zum Abschluss bei Speis und Trank noch ins Liederkranz-Sängerheim eingeladen. In wunderbarer, freundschaftlicher Atmosphäre wurde bis spät in die Nacht kräftig gesungen und gefeiert. Die Sprachbarrieren wurden mithilfe der Musik und der Englischkenntnisse einiger Sänger überwunden und ein reger Austausch kam zustande, bis sich die lettischen Sängerinnen und Sänger schließlich mit dem Bus auf in Richtung Baden-Baden machten.